Zum allgemeinen Gebrauch von Frage- und Ausrufezeichen
Bitte sieh dir die folgenden Aussagen an und denke über deren Unterschiede nach.
- 1 + 3 = 11 .
- 1 + 3 = 11 !
- 1 + 3 = 11 !!
- 1 + 3 = 11 ?
- 1 + 3 = 11 ?!
- 1 + 3 = 11 !!!
- 1 + 3 = 11 ???
- 1 + 3 = 11 ?!?!?!?!
- 1 + 3 = 11 !!!!!!!!!!!!!!!!
- 1 + 3 = 11 ?!!!?!!!?!???!!?
- 1 + 3 = 11 ?!?!!??!?!?!??!?!??!?!??!?!!
Wenn du das Gefühl hast, dass es bei diesen Aussagen hier um wesentliche Unterschiede geht, dann gibt es hier etwas Wesentliches für dich zu lernen. Wenn du aber das Gefühl hast, dass die Aussagen hier alle eines gemeinsam haben; nämlich dass sie falsch sind und durch den unterschiedlichen Einsatz von Punkten, Frage- und Ausrufezeichen nicht richtiger werden, dann hast du schon etwas Wichtiges begriffen und kannst alles Folgende sehr viel entspannter lesen. Der wichtigste Fehler, um den es hier geht, besteht in der Annahme, dass man eine ohnehin schon defizitäre Aussage durch den inflationären Gebrauch von Satzzeichen in irgendeiner Weise verbessern kann. Aber bei genauerem Hinsehen muss man leider einsehen: Der Satz, um den es geht, bleibt auch bei einer steigenden Anzahl von Satzzeichen falsch. Und das gilt übrigens für alle falschen Sätze!!!
Wie man es richtig macht
Es ist nicht schwierig, Ausrufe- und Fragezeichen richtig zu setzen. Man muss dafür nur ein paar wenige Regel befolgen. Die wichtigste Regel ist eine Regel für die Vermeidung von Fehlern. Sie lautet:
Übertreibungen sind falsch. Man darf sie nur in Comics verwenden.
Das bedeutet, dass es im Schriftdeutschen üblich ist, nur ein Frage- oder Ausrufezeichen pro Satz zu verwenden. Natürlilch ist das nur eine Vermeidungsregel. Hilfreicher sind natürlich Regeln, die einem auch sagen, wie man es denn nun wirklich richtig macht. Hierbei gibt es zwei Regeln, für jedes Satzzeichen eine, zu beachten:
1. Fragezeichen verwendet man am Ende eines Fragesatzes.
2. Ausrufezeichen verwendet man am Ende eines Befehls- oder Auffordungssatzes.
Das Fragezeichen
Was hier so einfach klingt, ist in der Praxis nicht immer ganz eindeutig. Widmen wir uns zunächst dem Fragezeichen. Wir wissen im Allgemeinen eigentlich, wie eine Frage klingt. Trotzdem empfinden wir nicht alles wie eine Frage. Hören wir z.B. zurück in unsere Kindheit, dann erinnern wir uns sicher an solche Sätze wie:
„Du bist doch nicht etwa schon fertig mit deinen Hausaufgaben?“ Oder: „Wie sieht es denn in deinem Zimmer wieder aus?“ Oder: „Was hast du dir dabei nur gedacht?“
Viele dieser „Fragen“ lernt man in seinem Leben kennen. Sie alle haben nicht wirklich den Zweck, etwas in Erfahrung zu bringen, geschweige denn, eine Antwort zu provozieren. Aber sie treten gerne als Fragen auf. Auch im Erwachsenenalter reißt diese Kette von Scheinfragen leider nicht ab:
„Was aber, frage ich euch, was hat unsere Regierung denn wirklich für X getan?“
Jeder weiß, dass diese Fragen in der Regel keine wirklichen Fragen sind, weil sie sich schon durch den Kontext, in dem diese Fragen auftauchen, selber beantworten. Sie werden deshalb auch als rhetorische Fragen bezeichnet. Trotzdem aber erhalten auch sie ein Fragezeichen, obwohl sie sich in der Regel nicht wirklich wie eine Frage, sondern im schlechtesten Fall eher wie eine Gängelung oder gar ein Befehl anfühlen. Die rhetorischen Fragen verweisen auf die Mindestanforderung, die eine Frage erfüllen muss: Selbst, wenn die Frage nicht wirklich als Frage gemeint ist, hat sie die grammatische Struktur einer Frage. Und darum kann man zumindest für die Fragezeichen die Regel festhalten, dass sie (einzeln) hinter jede grammatische Frage zu setzen sind.
Das Ausrufezeichen
Mit dem Ausrufezeichen verhält es sich ganz ähnlich wie mit dem Fragezeichen. Auch hier ist es nicht immer ganz einfach zu entscheiden, ob etwas wirklich eine Aufforderung ist oder nicht. Und auch hier ist es wieder die frühe Kindheit, in der wir eine ganz bestimmte Art von Sätzen kennenlernen, die man in Anlehnung an die rhetorische Frage als die rhetorische Feststellung bezeichnen könnte. Hinter ihr verbergen sich solche Sätze wie:
„Du gehst jetzt sofort in deine Zimmer!“ Oder: „Du bist ein braves Kind und wäscht dir vor dem Essen die Hände!“
Wir haben davon in unserer Sprache sehr viele Äußerungen. Und dass wir hinter diese auch
uneindeutigen Befehle dennoch einfacher ein Ausrufezeichen setzen können, als dies bei Fragen
geschehen darf, hat damit zu tun, dass die Kontexte, in denen Befehle geäußert werden, doch
recht vielfältig sind. Damit einher geht eine größere (aber eben immer noch konventionelle)
Vielfalt an Formen des Befehls und der Aufforderung.
Grammatisch haben auch Befehle eine eindeutige Struktur. Diese ist so eindeutig, dass wir für
sie sogar eine eigene Verbform haben: den Imperativ. Das gibt es bei Fragen so nicht. Dennoch
aber ist die Vielfalt, Aufforderungen zu äußern um einiges größer als bei Fragen. Dazu kommt,
und das ist das Entscheidende, das Befehle oder Aufforderungen in Texten gerade in solchen
Zusammenhängen vorkommen, in denen man in der Regel weniger formell streng gebunden ist. So
lässt sich eine Frage wesentlich einfacher im Rahmen einer wissenschaftlichen Abhandlung oder
eines Zeitungsartikels u.a. denken. Ausrufezeichen tauchen in eher informelleren Zusammenhängen
auf, in denen mit sprachlichen Konventionen etwas ungebundener umgegangen werden kann.
Daher darf man auch hier getrost nach einer Regel verfahren, jedoch einer weniger bindenden wie im Fall von Fragen: Ausrufezeichen werden nur einzeln gesetzt. Und man setzt sie hinter jede Art von Befehl oder Aufforderung.
Wissenswertes und der Code „8253“
Natürlich ist Sprache immer etwas natürlich Wachsendes und sich Veränderndes. Und so kommt man nicht umhin zuzugestehen, dass die Sprache Phänomene hervorbringt, die sich über strenge Konventionen und Regeln hinwegsetzen. Und so hat es schon in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts das Bedürfnis gegeben, ein Satzzeichen für solche Gelegenheiten zu finden, in denen man seine Überraschung und gleichzeitig sein Unverständnis zum Ausdruck zu bringen. Man brauchte also irgendetwas, das sowohl wie ein Ausrufezeichen, als auch wie ein Fragezeichen aussieht. Und so hat es für eine kurze Zeit mal ein Satzzeichen gegeben, dass wie eine Mischung aus beiden aussieht. Es hat sogar einen Namen und wird als „Interrobang“ bezeichnet. Kaum einer kennt es noch und seine Verwendung geht gen Null. Dennoch aber kann man es noch in Dokumenten verwenden. Probiere einmal in Word oder anderen Schreibprogrammen die Tastenkombination „Alt+8253“! Man macht das so, dass man Alt gedrückt hält und während dessen die Zahlen 8, 2, 5 und 3 nacheinander eingibt. Lässt man die Alt-Taste dann wieder los, erscheint das Interrobang. Für die, die es nicht glauben; es sieht so aus:
‽