Man sollte es nicht für möglich halten ...

... aber so ein einfaches und raumloses Etwas wie der Punkt kann dem Schreibenden wie dem Lesenden zu einem Problem werden. Was die Seite des Lesers angeht, so ist das zu lösende Problem schnell gekennzeichnet: Es ist der Schreiber, der das Problem verursacht.

Daher versuchen wir hier einmal die dringendsten Probleme zu beleuchten, die ein Schreiber mit dem Punkt haben kann.

Wo ist denn nun eigentlich der Satz zuende?

Einen Punkt setzen wir immer dann, wenn wir einen Satz beenden. Das wissen sogar diejenigen, die mit dem Punkt Schwierigkeiten haben. Und es kommt in der Regel auch nicht vor, dass jemand den Punkt zu früh in einem Satz. Das wichtigste Problem haben Menschen, die im wahrsten Sinne des Wortes keinen Punkt machen und also das Satzende nicht finden. Schwierig ist der Punkt am Ende nicht zuletzt auch deshalb, weil es dafür keine klare Regel gibt. Es gibt keine Regel, die sagt, nach wie viel Wörtern man einen Punkt machen muss. Und dennoch aber ist es möglich, dass man hier etwas falsch macht. Wann man etwas falsch macht, sieht man also nicht, weil nach einem Regelverstoß irgendwo ein rotes Lämpchen leuchtet. Man merkt es eher dann, wenn man einen Satz, den man gerade geschrieben hat und den man noch einmal zur Kontrolle liest, um zu sehen, ob auch alles richtig funktioniert hat, weil man weiß, dass man häufiger bestimmte Fehler macht oder auch manche Dinge stilistisch nicht so ordentlich schreibt, nicht mehr gut lesen oder verstehen kann.

Vielleicht hast du beim letzten Satz bemerkt, dass dieser ein Beispielsatz für einen besonders schlecht gelungenen Satz ist. Er zeigt, woran man erkennt, dass jemand nicht gut Punkte setzen kann. Der Satz wird auf zwei Ebenen schwer nachvollziehbar: 1. auf der syntaktischen Ebene (also der Ebene des Satzbaus) und 2. auf der inhaltlichen Ebene.

Von daher gibt es also zwar keine klare Regel, die einem sagt, wann man einen Satz durch einen Punkt beenden sollte. Aber man kann sich zwei Faustregeln merken, die einem Auskunft darüber geben können, wann es Zeit für einen Punkt ist:
1. Wenn man einen Satz laut liest, dann helfen einem die Satzzeichen dabei, den Satz für sich selbst und den Zuhörer so zu betonen, dass man ihn verstehen kann. Wenn zu lange kein Punkt gemacht wird, gelingt einem das in der Regel nicht, weil man sich beim Lesen nicht im Satzbau orientieren kann.
2. Wenn man bei einem Satz nicht mehr klar ausmachen kann, worauf es dem Verfasser eigentlich ankommt, weil sich zu viele Einzelaussagen aneinander reihen, dann liegt es in der Regel auch daran, dass man beim Schreiben zu sparsam mit Punkten verfahren ist.

Was heißt das jetzt als Faustregel? Man muss es im Gespür haben, wann man als (lauter) Leser die inhaltliche wie auch die syntaktische Orientierung verliert. Zweitens merkt man dies in der Regel auch daran, dass man beim Lesen nicht wirklich weiß, wie man einen Satz betonen muss.

Der Satz als Träger einer Bedeutung

Ein Satz ist nicht nur eine grammatische Einheit, die aus Subjekt und Prädikat besteht, sondern gleichermaßen auch eine Sinneinheit. Das bedeutet, dass ein Punkt dem Leser signalisiert, wo ein Gedanke wirklich zum Abschluss gekommen ist. Meistens ist das dort der Fall, wo ein Satz eine in sich abgeschlossene Information enthält. Was ist eine in sich abgeschlossene Information? Das ist eine Information, die in einer bestimmten Situation den Leser oder Hörer mit einer bedeutungsvollen Auskunft über etwas versorgt, mit dem er in der entsprechenden Situation etwas anfangen kann. Stelle dir zum Beispiel einmal die Situation vor, wo du mit einem Freund oder einer Freundin an einer Bushaltestelle stehst und ihr gemeinsam auf den Bus wartet. Die folgenden Sätze könnten dabei sinnvollerweise fallen:

Die hier geäußerten Informationen haben zwei wichtige Eigenschaften. Sie sind kurz und enthalten daher wesentliche Informationen. Außerdem sind die in ihnen enthaltenen Informationen für die Situation der Wartenden gerade von Bedeutung. Man nennt diese Informationen darum auch relevant.

Zuviele Nebenordnungen verderben den Satz - Problem Nr. 1

Das Problem entsteht vor allem dort, wo wir es nicht bei einer Information lassen. Um dieses Problem zu verstehen, ist es hilfreich, wenn man sich verdeutlicht, wie man Sätze eigentlich verlängern kann. Es gibt zum Einen die Möglichkeit, nebengeordnete Hauptsätze durch ein Und oder ein Oder oder ein Komma zu verbinden. Hier einige Beispiele dazu:

  1. Georg und Andrea fahren zu Tante Gerda zu Besuch und sie wissen beide, dass Tante Gerda manchmal ziemlich schlechte Laune haben kann.
  2. Tante Gerda spielt gerne Minigolf und kann außerdem nur sehr schlecht verlieren, aber leider kann sich auch nur noch sehr schlecht gucken.
  3. Andrea ist eine ziemlich gute Minigolfspielerin und sie hasst es, andere Leute absichtlich beim Spielen gewinnen zu lassen und hat aber ebenso keine Lust, sich wegen Kleinigkeiten mit jemandem zu streiten.

Bei diesen drei Beispielsätzen handelt es sich um Sätze, die jeweils mehrere Einzelinformationen enthalten, die nicht so eng miteinander verknüpft sind, dass man sie unbedingt in einen Satz hätte packen müssen. So erfährt man in dem ersten Satz, dass Georg und Andrea zu Tante Gerda zum Besuch fahren. Außerdem erfährt man, dass Tante Gerda manchmal ziemlich schlechte Laune haben kann. Man hätte aus diesem Satz also gerne auch zwei einfache Sätze machen können:

Georg und Andrea fahren zu Tante Gerda zu Besuch. Sie wissen beide, dass Tante Gerda manchmal ziemlich schlechte Laune haben kann.

Versuche es doch einmal selber, indem du die beiden anderen Beispielsätze (Nr. 2 und 3) durch Punkte in kürzere Sätze zerteilst. Der Lösungsbutton zeigt dir hinterher, wie die Sätze aussehen können.

Lösung

Unterordnungen sind wie ein Strudel, in dem der Leser ertrinkt - Problem Nr. 2

Der andere Weg, wie wir Sätze miteinander verbinden können, sind Unterordnungen. Nebensätze werden i.d.R. durch ein Komma und eine entsprechende Konjunktion an einen Satz gebunden. Wo wir das tun, setzen wir kein Komma. Wo wir das zu intensiv tun, werden wir für den Leser zum Problem. Aber wie geschieht das, dass wir bei Nebensätzen zu wenige Punkte setzen? Ganz einfach: durch zu viele Kommas und Konjunktionen. Das kann folgendermaßen aussehen. Du siehst hier einige Sätze; zunächst nur einen Hauptsatz, dann denselben Hauptsatz mit einem Nebensatz, dann wiederum diesen Haupt- und Nebensatz mit einer weiteren Erweiterung usw. Es ist ein kleiner Psychotest. Bitte lies die Sätze nacheinander und klicke denjenigen Satz an, den du nicht mehr akzeptabel findest. Du erhältst dann eine kleine Auswertung, die etwas über dich als Leser aussagt und dir eine Antwort auf die Frage gibt, ob du eine zu große oder zu kleine Fehlertoleranz hast.


  1. Die vornehme Dame saß im Café.

    Inakzeptabel!

  2. Die vornehme Dame saß im Cafè und trank wie immer einen Tee.

  3. Inakzeptabel!
  4. Die vornehme Dame saß im Cafè und trank wie immer einen Tee, den sie jedesmal mit Cardamom gewürzt wünschte.

  5. Inakzeptabel!
  6. Die vornehme Dame saß im Café und trank wie immer einen Tee, den sie jedesmal mit Cardamom gewürzt wünschte, weil sie die Ungeschicklichkeit des Kellners kannte.

  7. Inakzeptabel!
  8. Die vornehme Dame saß im Café und trank wie immer einen Tee, den sie jedesmal mit Cardamom gewürzt wünschte, weil sie die Ungeschicklichkeit des Kellners kannte, über die sie sich amüsieren konnte.

  9. Inakzeptabel!
  10. Die vornehme Dame saß im Café und trank wie immer einen Tee, den sie jedesmal mit Cardamom gewürzt wünschte, weil sie die Ungeschicklichkeit des Kellners kannte, über die sie sich amüsieren konnte, wenn dieser den Cardamom zu zerstoßen versuchte.

  11. Inakzeptabel!
  12. Die vornehme Dame saß im Café und trank wie immer einen Tee, den sie jedesmal mit Cardamom gewürzt wünschte, weil sie die Ungeschicklichkeit des Kellners kannte, über die sie sich amüsieren konnte, wenn dieser den Cardamom zu zerstoßen versuchte und dabei immer die Hälfte auf dem Boden verteilte.

  13. Inakzeptabel!
  14. Die vornehme Dame saß im Café und trank wie immer einen Tee, den sie jedesmal mit Cardamom gewürzt wünschte, weil sie die Ungeschicklichkeit des Kellners kannte, über die sie sich amüsieren konnte, wenn dieser den Cardamom zu zerstoßen versuchte und dabei immer die Hälfte auf dem Boden verteilte, was dessen Chef stets extrem erzürnte.

  15. Inakzeptabel!
  16. Die vornehme Dame saß im Café und trank wie immer einen Tee, den sie jedesmal mit Cardamom gewürzt wünschte, weil sie die Ungeschicklichkeit des Kellners kannte, über die sie sich amüsieren konnte, wenn dieser den Cardamom zu zerstoßen versuchte und dabei immer die Hälfte auf dem Boden verteilte, was dessen Chef stets extrem erzürnte, so dass dieser den Kellner vor allen anwesenden Gästen zurechtwies.

  17. Inakzeptabel!
  18. Die vornehme Dame saß im Café und trank wie immer einen Tee, den sie jedesmal mit Cardamom gewürzt wünschte, weil sie die Ungeschicklichkeit des Kellners kannte, über die sie sich amüsieren konnte, wenn dieser den Cardamom zu zerstoßen versuchte und dabei immer die Hälfte auf dem Boden verteilte, was dessen Chef stets extrem erzürnte, so dass dieser den Kellner vor allen anwesenden Gästen zurechtwies, was dem Kellner schließlich wirklich peinlich war.

  19. Inakzeptabel!
  20. Die vornehme Dame saß im Café und trank wie immer einen Tee, den sie jedesmal mit Cardamom gewürzt wünschte, weil sie die Ungeschicklichkeit des Kellners kannte, über die sie sich amüsieren konnte, wenn dieser den Cardamom zu zerstoßen versuchte und dabei immer die Hälfte auf dem Boden verteilte, was dessen Chef stets extrem erzürnte, so dass dieser den Kellner vor allen anwesenden Gästen zurechtwies, was dem Kellner schließlich wirklich peinlich war und ihn rot anlaufen ließ.

  21. Inakzeptabel!
  22. Die vornehme Dame saß im Café und trank wie immer einen Tee, den sie jedesmal mit Cardamom gewürzt wünschte, weil sie die Ungeschicklichkeit des Kellners kannte, über die sie sich amüsieren konnte, wenn dieser den Cardamom zu zerstoßen versuchte und dabei immer die Hälfte auf dem Boden verteilte, was dessen Chef stets extrem erzürnte, so dass dieser den Kellner vor allen anwesenden Gästen zurechtwies, was dem Kellner schließlich wirklich peinlich war und ihn rot anlaufen ließ, worüber sich die vornehme Dame dann wie eine Siegerin freute.

  23. Inakzeptabel!

Weitere Probleme

Bis hier sind die Probleme, die jemand mit dem Punkt haben kann, eher als ein logisches Problem dargestellt worden, das sich aus den Möglichkeiten ergibt, Sätze auf unterschiedliche Weise miteinander zu verbinden. Und eben daraus ergibt sich natürlich auch das Problem. So ist es fast mit jeder kulturellen Errungenschaft beim Menschen: Wir können sie zum Guten oder zum Schlechten benutzen.

Manchmal sind die Probleme aber auch viel profanerer Natur und berühren eher die stilistische Ebene von Texten oder sind auch einfach nur das Resultat zu geringen Nachdenkens beim Schreiben. Beide Varianten sollen hier vorgestellt werden.

Variante 1: Ein fehlender Punkt als Stilfrage.

Manchmal ist ein fehlender Punkt nur eine Stilfrage. Weiter oben wurde dies bereits angedeutet. Es lohnt aber, sich diesen Punkt einmal genauer anzuschauen. Das Problem sieht folgendermaßen aus: Manche Verbindungen zweier Hauptsätze sind ok. Bei manchen hat man aber das Gefühl, dass sie so eng nicht zusammengehören. Wirklich zusammen gehören zwei Aussagen dann, wenn sie eine Sinneinheit bilden, wenn sie also aus irgendeinem Grund so eng zusammengehören, dass man sie nicht trennen sollte. Der weiter oben zitierte Ausspruch Martin Luthers „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ ist ein solcher Satz. Aber auch der bekannte und Julius Cäsar zugeschriebenen Satz „Ich kam, ich sah, ich siegte“ ist ein solcher. Aber auch weniger berühmte Berichte können eine solche Einheit betonen, wenn z.B. Gebhards Mutter in einem Gespräch zu dessen Klassenlehrer sagt: „Gebhard macht nach der Schule immer zuerst die Hausaufgaben, danach hilft er beim Aufräumen und zuletzt setzt er sich für einen Augenblick an den Computer.“ Bei den folgenden Beispielen hätte man gerne einen Punkt setzen können, weil sie keine wirkliche Sinneinheit beschreiben.

Warum ist das so? Schaut man sich nur den ersten Satz an, dann sieht man schnell, dass dieser wahrscheinlich eine Begebenheit aus derselben Geschichte erzählt. Damit liegt es nahe, dass die geschilderten Ereignisse nahe beieinanderliegen. Doch bilden die beiden Ereignisse, um die es in diesem Satz geht, keine notwendige Einheit, so dass eine Verbindung der Sätze durch ein Und oder ein Komma notwendig oder geboten erschiene. Hier wäre es also sinnvoller gewesen, zwei Sätze zu formulieren, die dann etwa folgendermaßen ausgesehen hätten:

Eine kleine Übung für dich: Setze bei den übrigen Sätzen einmal die Punkte dort, wo du sie für sinnvoll hältst und werfe dann einen Blick auf mögliche Lösungen.

Lösungen


Variante 2: Einen Hauptsatz als Nebensatz gedeutet.

Ein richtiger Fehler, der häufig wie die eben dargestellte erste Variante aussieht, besteht in einer gedanklichen Fehldeutung des zweiten Satzes. Dabei passiert es, dass ein zweiter Hauptsatz an einen Hauptsatz gebunden wird, der eher wie ein eigener Satz klingt. Doch spürt man bei der Lektüre, dass der Schreiber sich diesen Satz eher wie einen Nebensatz gedacht, aber eben nicht aufgeschrieben hat. Das folgende Beispiel soll das illustrieren:

Wie hier leicht zu erkennen ist, handelt es sich bei dem zweiten Satz hinter dem Komma eher um einen grammatisch eigenständigen Satz. Statt des Kommas hätte man also auch einen Punkt setzen können. Trotzdem aber versteht man den Schreiber. Er wollte den Satz eng an den Hauptsatz binden. Und mit einem echten Nebensatz hätte das auch funktioniert. Der Satz hätte dann vermutlich so ausgesehen:

Auch hierzu bietet sich eine kleine Übung an. Die folgenden Sätze sind in derselben Weise unentschieden wie dieser Beispielsatz. Finde bitte jeweils den Punkt, an dem man einen Punkt oder ein Komma setzen sollte und formuliere den Satz dann in einen Nebensatz um. Die möglichen Lösungen kannst du dir wieder über einen Klick auf den Lösungsbutton anschauen.

Lösungen

Lösungen - Variante 1

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Lösungen - Variante 2

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Lösung - Tante Gerda

1. Tante Gerda spielt gerne Minigolf. Sie kann nur sehr schlecht verlieren. Leider kann sie auch nur noch sehr schlecht gucken.

2. Andrea ist eine ziemlich gute Minigolfspielerin. Sie hasst es, andere Leute absichtlich beim Spielen gewinnen zu lassen. Ebenso hat sie aber keine Lust, sich wegen Kleinigkeiten mit jemandem zu streiten.

Es kann sein, dass der Satzbau bei dir etwas anders aussieht. Deshalb hast du die Sätze aber nicht unbedingt falsch unterteilt bzw. die Punkte falsch gesetzt.

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Reicht doch jetzt eigentlich mit den Punkten, oder?


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